Fest Fronleichnam – Leib des Herrn

3. Juni 2021 Impulse

(Foto: B. Hartleif, Kirche auf dem Ölberg: „Dominus Flevit“ - Jesus weint über Jerusalem)

„Die Straßen der Stadt“

Als ich erste Überlegungen anstellte zum heutigen Fest, waren in Israel und Palästina wieder große kriegerische Auseinandersetzungen im Gange. – Ich stellte mir vor, wie beängstigend es für die Menschen dort sein muss, aus ihren Häusern zu beobachten, wie die Raketen durch die Luft gefeuert werden – Tag und Nacht – oder wie Bomben einschlagen.

Da dachte ich an diesen Blick aus der Kirche „Dominus Flevit“ am Ölberg in Jerusalem. Sie wurde errichtet in Erinnerung an den Bericht aus dem Lukas-Evangelium, wo Jesus über Jerusalem weint. Er weint wohl auch heute mit den Menschen in Israel und im Gazastreifen.

„Als er näher kam und die Stadt sah, weinte er über sie und sagte: Wenn doch auch du an diesem Tag erkannt hättest, was dir Frieden bringt.“ (Lk 19,41 f)

Dieses Fenster lässt uns auf den Tempelberg schauen und auf einen Teil der Stadtmauer von Jerusalem. Die Besucher der Kirche „Dominus Flevit“ schauen wie durch eine Monstranz auf die vor ihnen liegende Stadt.

Damit ist auch angedeutet, was etwa seit dem Jahr 1260 an Fronleichnam gefeiert wird. In einer „Monstranz“, einem kostbaren „Schaugerät“, wird der Leib des Herrn als Hostie durch die Straßen und Felder einer Gemeinde getragen, begleitet von singenden und betenden Gläubigen.

Die Volksfrömmigkeit hatte zu diesem Fest zahlreiche Rituale entwickelt, die in den letzten Jahren aus vielen Gründen nur noch zum Teil umgesetzt werden:

Die Straßen und Häuser wurden mit Blumen und Fahnen, geschmückt. An vier Segensaltären wurde der „sakramentale Segen“ erteilt.

So legten und legen wir Christen Zeugnis davon ab, dass Gott mitten unter uns wohnt mit seinem heilenden Segen.

Die Dornen im Fenster von „Dominus Flevit“ weisen hin auf das Leid, das Menschen erleiden oder einander antun. Gott lässt uns damit nicht allein.

Dass die Stadt Jerusalem „Modell“ für Fronleichnam war, vermute ich eher nicht. Doch der Tempelplatz, die Stadtmauern und -tore erinnern mich an den Sinn dieser Feierlichkeit.
Gott kommt zu uns Menschen. ER geht mit uns durch unsere Straßen. ER grüßt und segnet uns in unseren Häusern, in schönen wie in schweren Zeiten. ER ist uns nahe – so wie Jesus in „Dominus Flevit“ den Menschen nahe war.

Das Fest mag auch eine Vorschau sein auf das „himmlische Jerusalem“ – auf die Heilige Stadt, die in Offb 21,1-4a besungen wird: „Seht, die Wohnung Gottes unter den Menschen! ER wird in ihrer Mitte wohnen, und sie werden sein Volk sein; und ER, Gott, wird bei ihnen sein. Er wird alle Tränen von ihren Augen abwischen.“

Als unsere Gemeinschaft 1808 in Münster gegründet wurde, war ein prägender Satz in den ersten „Anweisungen an die Krankenwärterinnen“:

„Die Straßen der Stadt sind ihr Kloster.“

So sind wir auch im Alltag mit Christus auf dem Weg, suchen und finden IHN bei den Menschen oder bringen IHN zu ihnen: Seinen Segen, Sein Heil, Seine lebendige Botschaft.


Zurück

Volltextsuche