Im Alter Barmherzigkeit leben

21. März 2016 Portraits

Sr. Birgit (73 Jahre) feiert in diesem Jahr ihr 50-jähriges Professjubiläum. Sie erzählt, wie sie als Ordensfrau im Alter Barmherzigkeit lebt.


„Nichts war einfach oder leicht, aber alles voller Sinn.“

Ich könnte sagen: Nun habe ich schon ein langes erfülltes Leben hinter mir; ich erfahre aber, dass alles Erlebte noch sehr lebendig da ist. Da sind die Kinderjahre, die von der Not des Krieges geprägt sind, – dann die Jahre des Wiederaufbaus, des ständigen Schaffens, – mit 21 Jahren den so sehr deutlich vernommenen Ruf in die Nachfolge Jesu und die große Freude, diesem Ruf zu folgen. Nach Noviziat und Ausbildung arbeitete ich 35 Jahre im Kinderheim und später noch mal 13 Jahre im Treffpunkt für Menschen in sozialen Notlagen. Nichts war einfach oder leicht, aber alles voller Sinn.

Und jetzt?

Jetzt nehme ich die Einladung des Herrn an, bei Ihm ein wenig auszuruhen. Er weiß um mich und um all die vielen Menschen, die ich im Herzen trage, – und wir alle sind von Ihm gesegnet.

Und ich lebe im Kreis meiner Mitschwestern. Gemeinsam feiern wir die Heilige Eucharistie und singen immer wieder in Laudes und Vesper das Lob Gottes. Wir tun es im Namen der „Vielen“ und gedenken in den Fürbitten gemeinsam der vielen Anliegen in Kirche und Welt. Es ist gut in alten Tagen unter Mitschwestern zu sein, aufeinander zu achten, die Feste zu feiern, die kranken Schwestern zu besuchen, den verstorbenen Schwestern das letzte Geleit zu geben. – Und die Hoffnung wach zu halten! – Manchmal auch gemeinsam hinüberzuschauen „zum anderen Ufer, wo der Morgen anbricht“. Aber genau so wichtig ist es, die vielen Hoffnungszeichen in unserem Orden und in Kirche und Welt wahrzunehmen. Ich glaube, dass Christus sehr lebendig unter uns lebt und wirkt.

Der Kreis schließt sich

Und dann pflege ich noch sehr viele Kontakte mit Menschen, die mir lieb und teuer sind: Mit meinen Verwandten, mit „früheren Kindern“ aus dem Kinderheim, die längst erwachsen sind und mit vielen Menschen, die mir im Treffpunkt zu Freunden wurden und die ich jetzt dort aufsuche oder in der Stadt treffe, manchmal auch im Krankenhaus besuche.

Und so schließt sich für mich der Kreis: Ich komme auch wieder bei allem an, woran ich als Kind Freude hatte, – vor allem an der Natur. Und alles, was mir damals wegen der Kriegsjahre fehlte, daran erfreue ich mich heute. So hoffe ich, wenn ich das letzte Stück des Lebensweges gegangen bin, – es geht manchmal ganz schön bergan, – dass ich vom barmherzigen Vater mit offenen Armen empfangen werde – gemeinsam mit allen müden Wanderern.

Sr. Birgit


Zurück

Volltextsuche