Mit Gott – ohne „Wenn“ und „Aber“

3. September 2016 Portraits

Was das Ordensleben als Barmherzige Schwester für mich bedeutet.


Im Drehbuch meines Lebens stand von früher Jugend an geschrieben, dass sich der eigene Lebensweg in eine bestimmte christlich-soziale Richtung bewegen würde.

Mit 17 Jahren begann ich die Ausbildung zur Krankenschwester, wobei mir der Umgang mit den Patienten das Gefühl gab, sie in ihrer Krankheit und Genesung unterstützen zu können. Im Klinikbetrieb begegneten mir viele Ordensschwestern, die für mich zu Vorbildern wurden. Ihre Art der Präsenz, der Zuwendung, ihre Art des Kümmerns oder auch der intensiven, religiösen Aufmerksamkeit, dies alles beeinflusste mich sehr. Parallel spürte ich, wie sich dadurch mein Empfinden für Gott als personales, gütiges Gegenüber verstärkte.

Irgendwann stand die Entscheidung unverrückbar fest: ich möchte den Alltag mit ihm teilen – ohne „Wenn“ und „Aber“. Er wurde das Maß aller Dinge. Nach meinem Eintritt bei den Clemensschwestern 1957 und dem zweijährigen Noviziat, legte ich 1959 meine zeitlichen Gelübde ab. Die Erfahrungen während dieser Zeit hatten mich natürlich verändert, aber gleichzeitig war ich dieselbe geblieben – mit meinen persönlichen Grenzen und Möglichkeiten, mit guten und weniger guten Eigenschaften. Auch lernte ich manche Dinge loszulassen, die mir vorher noch sehr wichtig gewesen waren, aber man kann etwas erst abgeben, nachdem man es sich zu eigen gemacht hat.

Was für mich zum Ordensleben gehört

Dazu zählt vor allem das gemeinsame geistliche Leben – bereichert um Einzelerfahrungen mit Anders- und Gleichgesinnten, Exerzitien, der Austausch in der Gemeinschaft, die bestimmte Tageseinteilung, wie überhaupt Strukturen immer ihren Sinn haben. Weiter: meine eigenen Überzeugungen und Erfahrungen nicht verleugnen zu müssen, um mich für dasjenige entscheiden zu können, was mir von innen her aufgetragen ist. Das tat ich mit dem Ablegen der Profess im Jahre 1963.

Ich freue mich besonders darüber, dass Papst Franziskus im März ein „Heiliges Jahr 2016“ als „Jubiläum der Barmherzigkeit“ ausgerufen hat. Für uns als „Barmherzige Schwestern“ eine besondere Herausforderung! Unsere Gemeinschaft stellt sich mit Christus auf die Seite derer, die krank sind und Hilfe brauchen. So kündet sie mit ihm den Menschen die erbarmende Liebe Gottes.

Sehen wie der barmherzige Samariter

In diesem Sinne möchte ich an ein Fenster in unserer Krankenhauskapelle erinnern, das uns das Tun des barmherzigen Samariters jeden Tag neu vor Augen stellt.

In jener Erzählung passierte es, dass von jedem der drei Männer gesagt wird: „Er sah“, aber nur einer sah mit dem Herzen. Die anderen hatten ihr Herz verschlossen. Der Samariter wagte die Wirklichkeit zu sehen und fürchtete sich nicht vor den Folgen. Er unterbrach seinen Weg und beugte sich über den, der in dem Moment persönlicher Hilfe bedurfte. Persönliche Hilfe für jemanden, der ansonsten elend umgekommen wäre.

Was hier beschrieben wird, ist heute ein Beruf geworden wie jeder andere, ausgeübt von Ärzten, Fach- bzw. Pflegepersonal sowie vielen weiteren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Krankenhaus. Aber wenn es wirklich der Dienst ist, den das Evangelium meint und den die Menschen zu Recht erwarten, dann geht es immer noch um dieses Sehen des barmherzigen Samariters, um dieses „Sichkümmern“ und das Dasein für den Menschen, der uns gerade braucht. Sonst wird trotz aller modernen Technik sowie allem ärztlichen, fachlichen und pflegerischen Können den Menschen im Letzten nicht geholfen.

„Strahlt Freude aus“

Dieses christliche Tun und Helfen soll auch künftig unser Auftrag sein. Wir Clemensschwestern hoffen, dass noch viele mit uns diesen Anspruch der Barmherzigkeit erfüllen. Dann werden, wie unsere Weisungen es sagen, die Kranken Hilfe erfahren, die Sterbenden Beistand, die Betrübten Tröstung und alle Menschen, die Lebenden und die Toten, unser Gebet.
Zum „Jahr der Orden“ hat Papst Franziskus uns insbesondere „Worte der Freude“ ins Herz geschrieben:

„Seid fröhlich, freut euch, strahlt Freude aus“ und „Wer dem Herrn begegnet ist und ihm in Treue nachfolgt, ist ein Bote der geistlichen Freude.“

Auch in unseren „Weisungen“ ist der Grund zur Freude festgeschrieben:

„Wahre Gemeinschaft bringt ungeahnte Freude. Es ist die Freude Christi, die uns über alle Unterschiede hinweg eins sein lässt. Gerade die Vielfalt in der Einheit bereichert uns.“

Die Welt verspürt eine tiefe Sehnsucht nach Gemeinschaft, Einheit und Frieden. Durch unser gemeinsames Leben versuchen wir, hierauf uns selbst, aber auch allen anderen Menschen eine Antwort zu geben. So haben wir uns im Namen Christi zusammengeschlossen, um einander zu bestärken für den Dienst an den Schwestern und Brüdern.

Sr. Irmlinde Enk, St. Walburga-Krankenhaus Meschede

aus: „Gruß aus der Abtei Königsmünster; Jahresbericht 2015 Jahr der Orden“
Hrsg. Abtei Königsmünster Meschede; Benedict Press, Vier-Türme Verlag – Abtei Münsterschwarzach, 2015


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