Therapie mit Seelsorge

26. März 2016 Portraits

„Zeit für Menschen zu haben – das ist ein Wunschberuf“, findet Sr. Marie-Theres.


Sie kann diesen Wunschberuf ausüben – als Krankenhausseelsorgerin im Augustahospital in Isselburg-Anholt, einer neurologischen Fachklinik mit dem Schwerpunkt Multiple Sklerose. Bis vor drei Jahren hatte sie dort nur eine halbe Stelle. Die andere Hälfte ihrer Arbeitszeit war sie als Pastoralreferentin in der Seelsorgeeinheit Isselburg, Anholt, Werth und Schüttenstein tätig.

Ganzheitlicher Aufbau von Leib und Seele

Die Tätigkeit in der Klinik fordert ihren vollen Einsatz: Gespräche mit Patienten und Angehörigen, Teilnahme an Therapiesitzungen mit Ärzten und dem Pflegepersonal, Vorbereiten von Gottesdiensten und meditativen Impulsen.

Unter den Patienten in der Klinik seien viele junge Menschen, sagt Sr. Marie-Theres. „Man muss sich vorstellen, was das bedeutet: früh erkrankt zu sein, dann eine Zeit des Wartens, irgendwann kommt die Diagnose. Und dann kommt eine lange Zeit der Suche“, weiß die Seelsorgerin aus ihren Begegnungen mit den Menschen. „In den Gesprächen stelle ich oft fest, welche großen Belastungen die Krankheit auslöst: Die jungen Leute müssen den Beruf aufgeben, viele geraten in finanzielle Schwierigkeiten, es gibt Streitigkeiten in der Familie. Bei gelähmten Menschen stellt sich außerdem die Frage: Wer übernimmt die Pflege?“

„Meine Aufgabe besteht darin, einen ganzheitlichen Aufbau von Leib und Seele zu unterstützen. Es geht darum, den Menschen eine Wertschätzung zu geben, ihnen Anerkennung zu vermitteln.“ Neben Sprechzeiten in ihrem Büro nutzt Sr. Marie-Theres die Möglichkeit, die Patienten auf den Stationen zu besuchen und mit ihnen und den Angehörigen ins Gespräch zu kommen. Regelmäßig bietet sie außerdem Meditationen an: „Stille, Entspannung, mit allen Sinnen arbeiten, das suchen, worauf es ankommt, zu den eigentlichen Quellen kommen“, nennt sie die Ziele solcher Übungen.

„Durch die barmherzige Liebe unseres Gottes“

Schon im Alter von 14 Jahren habe sie den Wunsch verspürt, Ordensschwester zu werden. „Dieser Gedanke ist mit mir gegangen. Mit 19 Jahren habe ich den Schritt gewagt.“ Sie trat den Barmherzigen Schwestern bei und machte eine Ausbildung zur Erzieherin. 13 Jahre lang war sie Kindergartenleiterin in Duisburg-Rheinhausen, bevor sie beim Institut für Diakonat und pastorale Dienste in Münster eine Ausbildung zur Pastoralreferentin machte.

„Die Barmherzigkeit hat mich lange beschäftigt, auch im Glauben“, sagt Sr. Marie-Theres. „Es gab Punkte im Leben, wo die Barmherzigkeit eingeschlagen hat.“ Zum Beispiel, als ein ehemaliger Rektor ihr eine bisher unbekannte Sicht auf das Bußsakrament vermittelte: Gott als derjenige, der Barmherzigkeit walten lässt. Oder ihr Traum von Sr. Euthymia, der sie lange begleitet hat. „Da lag Sr. Euthymia im Traum im Sarg. Viele Leute standen um sie herum. Ich stand ziemlich am Schluss. Sie wurde lebendig und winkte mir zu und sagte: ‘durch die barmherzige Liebe unseres Gottes’. Darum ist mir die Barmherzigkeit so wichtig geworden.“

Erinnert werde sie daran, wenn sie das Benedictus bete: „Durch die barmherzige Liebe unseres Gottes wird uns aufgehen das aufstrahlende Licht aus der Höhe.“ In der Krankenhausseelsorge komme es darauf an, nicht routinemäßig zu verfahren, sondern zu wagen, Dinge anzusprechen, Menschen Hoffnung zu bringen und zu erkennen, was wichtig ist. „Das kann ich nicht alleine.“ Jeden Tag versuche sie, durch Gebet und Meditation in die Nähe von Christus zu kommen: „jeden so anzunehmen und aufzunehmen, wie er ist, immer wieder entlastet zu werden, ihm die Dinge hinzuhalten in sein barmherziges Handeln und seine Liebe.“ Das gebe ihr Kraft für ihre Tätigkeit als Seelsorgerin, sagt Sr. Marie-Theres. „Sonst könnte ich das nicht.“

aus: Barmherzigkeit verändert; Therapie mit Seelsorge; Almud Schricke


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