Tränen vor Gott bringen

9. März 2022 Impulse

Alles vergeht – die Liebe bleibt!

Diese Worte zum Aschenkreuz stehen über den Impulsen des Kreuzweges Jesu in diesen Wochen der Fastenzeit.

Maria von Magdala – mit dem Tränenkrug der Menschheit: „O Gott, sammle meine Tränen in einem Krug“ (Ps. 56,9)

Auf den vier Kreuzwegbildern unseres Schnitz-Altares im Euthymia-Zentrum wird Jesus begleitet von Maria von Magdala. Wir laden ein, gemeinsam mit dieser liebenden Frau, Jesus durch die vorösterlichen Wochen zu begleiten.

Mehrmals wird im Neuen Testament von Maria von Magdala berichtet.

Ist sie die Frau, die von den Männern gesteinigt werden soll und die Jesus aus dem Schussfeld herausnimmt, indem er mit dem Finger in den Sand schreibt? (vergl. Jo. 8,6)

Ist sie die Sünderin, die Jesu Füße mit ihren Tränen wäscht und mit ihrem Haar trocknet? (Lk. 7,38)

Ist sie es wohl auch, die seine Füße oder seinen Kopf mit kostbarem Nardenöl salbt? – „Lass es geschehen, damit sie es für den Tag meines Begräbnisses tue.“- (vergl. Mk. 14,3 oder Jo. 12,3 und 7)

Jedenfalls besteht zwischen Jesus und ihr eine besondere Beziehung. Sie trägt auf diesem Bildabschnitt des Kreuzweges einen Krug in ihren Händen. Hat sie darin symbolisch die Tränen ihres Lebens gesammelt, die sie auf Jesu Kreuzweg mitbringt?

Jesus begegnet weinenden Frauen. So lautet die achte Kreuzwegstation. In einigen Versen des Psalms 56 beten Menschen seit Jahrhunderten:

„Sei mir gnädig, Gott,
denn Menschen stellen mir nach;
meine Feinde bedrängen mich Tag für Tag.
Täglich stellen meine Gegner mir nach;
Ja, es sind viele, die mich voll Hochmut bekämpfen.
An dem Tag, da ich mich fürchten muss,
setzte ich auf dich mein Vertrauen.- Ps. 56,2-4

Mein Elend ist aufgezeichnet bei dir./
Sammle meine Tränen in einem Krug,
zeichne sie auf in deinem Buch!“ – Ps. 56, 9


Wir können dieses Gefäß als ein Symbol für die Tränen der Menschheit sehen. Sie werden vertreten durch die weinenden Frauen mit Maria von Magdala, die verachteten Mütter, Kinder, Väter aller Zeiten! Sind es doch die Tränen der Geplagten und Gepeinigten, deren Not Jesus mit seinem Kreuz nach Golgotha schleppt! Wieder und wieder: Jetzt in der Ukraine und deren Nachbarländern sind es auch viele Frauen, Kinder und alte Menschen, die über dieses furchtbare Leid des Krieges Tränen vergießen.

Steht Maria von Magdala nicht stellvertretend für alles Leid der Frauen – für alles menschliche Leid an Jesu Kreuzweg?!
Dieses Gefäß ist kostbar, da es Kostbares sammelt: Tränen der Liebe und des Leides. Sie sind kostbar, sind sie doch Ausdruck von Menschlichkeit und Liebe. Tränen klären, reinigen, befreien und lösen den Schmerz. Tränen sagen Unsagbares aus, viel existentieller als Worte. Tief im Innern des Menschen werden die Tränen gebildet, im Herzen und im Gemüt, im Raum der Würde, der Einmaligkeit des Menschen, im Raum des Schmerzes, der Liebe und des Trostes. Maria von Magdala nimmt die Tränen der Menschheit auch unserer Tage mit auf den Kreuzweg Jesu. Der Tränenkrug könnte überfließen von dem großen, neu zugefügten Leid des Krieges in der Ukraine.

Jesus trägt das Kreuz, Maria von Magdala den Krug. So finden sie einander und sind verbunden über alle Zeiten.
So sind wir in der Betrachtung des Bildes mit unserem Kreuz, unserem Krug, mit den Tränen unserer Tage mit einbezogen und beten um die Erlösung und den Frieden der Welt.

Der Altar im Euthymia-Zentrum entstand um 1908 vom Künstler Ferdinand Langenberg aus Goch und stellt die „sieben Schmerzen Mariens“ dar. Die Schmerzhafte Mutter ist die Patronin unserer Gemeinschaft der Clemensschwestern/ Barmherzigen Schwestern.
Das Kunstwerk stand bis zum Bombenangriff am 10. Oktober 1943 in unserer Mutterhauskirche, wurde aus den Flammen gerettet und lag unbeachtet und schwer beschädigt viele Jahre irgendwo im Stroh. Später wurde er wiederentdeckt, restauriert und wurde vorübergehend im Stadtmuseum ausgestellt. Als 2001 das Euthymia-Zentrum eingerichtet wurde, erhielt der Altar dort seinen Platz.


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